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Glühbirnenverbot ab 2009

Gestern Abend wurde der Blätterwald von einem geradezu gradiosen Druchbruch auf dem Feld des Klimaschutzes überrascht und gnadenlos durchgeschüttelt – oder so. Passend zur UN-Klimakonferenz in Poznań hat man sich in Brüssel dazu durchgerungen die „klassische“ Glühbirne ab 2009 schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen.

Jetzt wo sich der Staub etwas gelegt hat, lohnt es sich vieleicht mal einen etwas genaueren Blick auf die Meldungen zu werfen. Ganz grundsätzlich sollte man festhalten, dass wir es erst einmal nur mit einer Absichtserklärung zu tun haben. Das eigentliche Gesetzeswerk befindet sich noch in den Fängen der Brüsseler Bürokratie und bis zur Vorlage der abschließenden Version, kann man sich nicht so ganz sicher sein was am Ende genau drinsteht. Soviel zur EU und dem bürokratischen Wust der zu bewältigen ist bis wir tatsächlich was spruchreifes auf dem Tisch haben, die nationale Umsetzung kommt dann ja auch noch. Die bereits jetzt kommunizierten Eckpunkte können aber als unveränderlich betrachtet werden.

Da heißt es , dass die „klassische“ Glühbirne in drei Schritten vom 1. September 2009 bis 2012 aus den Läden verbannt werden soll. Zuerst trifft es die 100W Modelle, dann die 75 und im dritten Schritt dann alle Leistungsklassen.

Die Anführungszeichen rund ums „klassisch“ wurden dabei nicht ohne Grund gesetzt, betroffen sind wohl wirklich nur die allereinfachsten und ineffizientesten Varianten des Glühobstes. Halogen und Co. bleiben den EU-Bürgern noch etwas länger erhalten. Ab 2016 soll hier aber auch langsam dicht gemacht werden. Dazu werden noch eine ganze Heerschar von Ausnahmeregelungen kommen. Bühnentechnik, Automobilindustrie Signaltechnik und wer weiß was noch für Randgruppen werden so schnell nicht auf andere Leuchtmittel umsteigen können.

nun zur Kritik (was wär der Michel ohne sein Gemaule):

Die offizielle Begründung für diese Maßnahme ist eine erhoffte Energieersparniss von schlappen 39 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr. Gerne auch mehr, diese Zahlen sind meist gar schröklich kreativ sehr vorsichtig geschätzt. Ob man dieses Ziel tatsächlich erreichen wird ist recht fraglich, aber in Anbetracht der gerade stattfindenden UN-Klimakonferenz war die Versuchung mit Symbolpolitik einwenig Aufmerksamkeit zu erregen wohl etwas zu groß.

Wir haben es in solchen Fällen von Effizienzsteigerungen schnell mit unerwünschten Rebound-Effekten zu tun. Das beste Beispiel hierfür ist wohl der Ersatz der Wolframwendel statt der bis dato gebräuchlichen Kohlefäden zu Beginn des Glühlampenzeitalters. Mit der damit einher gehenden Effizienzsteigerung wurde elektrisches Licht auf einmal auch für Privathaushalte finanzierbar und die Stromwirtschaft erlebte ihren ersten Boom. Ob uns ähnlich durchschlagende Effekte auch bei diesem Effizienzsprung bevorstehen, darf bezweifelt werden. Ein Teil des gewünschten Einspareffekts könnte aber so sehr schnell wieder durch Zusatznutzung aufgefressen werden. Die Energie wir in diesem Zeitraum ja nicht signifikant teurer werden. Bedingt durch Wirtschaftskrise und negativem Wirtschaftswachstum ist auch eher mit einem schwindenden Interesse an Energieträgern zu rechnen -> Überangebot und evtl. sogar sinkende Preise.

Nun zur Frage womit man sich diese mögliche Energieersparniss erkauft. Das in den Leuchstoff- und Energiesparlampen, die ja als Glühlampensubstitut ins Auge gefasst wurden, kleine Mengen von Quecksilber vorhanden sind sollte inzwischen bekannt sein. Über die gesundheitsschädlichen Auswirkungen dieses Schwermetalls wurde auch schon genug geschrieben. Dieses Argument lässt sich jedoch recht leicht angreifen, da bei der Stromerzeugung aus Kohle ( in Europa das Schwergewicht) ebenfalls Hg freigesetzt wird. Hochgerechnet auf Lebensdauer und Energieverbrauch beim Betrieb einer Glühlampe sogar mehr als in Sparlampen. Die Entsorgung sollte auch einfacher sein, verteilt sich doch das Schwermetall nicht mit dem Wind über die halbe Welt, sondern ist im Glaskörper der Lampe gefangen. Dafür benötigen wir jedoch ersteinmal ein ordentliches Rücknahmesystem und noch viel wichtiger, ein Bewusstsein in der Bevölkerung für diese Problematik. Bisher ist beides in Deutschland wenig ausgeprägt, andere EU-Nationen haben da deutlich bessere Rücklaufquoten, aber wie das Beispiel der Batterien zeigt ließe sich so etwas wohl auch in Deutschland erreichen.

Nach diesem ersten Layer is dann aber die Frage wo geht der gesammelte Müll hin? In Europa recyclen oder doch lieber aus den Augen aus dem Sinn? Bisher habe ich noch kein Konzept für die Entsorgung gesehen, erst rech kein schlüssiges und es riecht an der Stelle mal wieder schwer nach Verklappung in China/Westafrika/Indien/vor der somalischen Küste Externalisierung der anfallenden Entsorgungskosten.

Mit der Quecksilberfrage hat sich das Problem mit den Schadstoffen aber noch nicht erschöpft. Die Bauteile auf den Starterplatinen sind mit hochgiftigen Flammschutzmitteln behandelt, ob bromiert oder doch lieber Halogen spielt dabei keine Rolle, ist beides nicht gesund. Da auch diese Produkte wie so viele andere wohl auf kurz oder lang ihren Weg zu uns in China beginnen werden, können wir uns auch daruf verlassen, dass eventuelle Grenzwerte nicht eingehalten werden. Eine Möglichkeit zumindest weniger Elektronikschrott zu produzieren, könnte die Trennung von Starter und Röhre sein. Letzteres ist wohl das Bauelemt ist, dass als erstes limitierend auf die Lebensdauer wirkt.

Mit der Leuchttechnik und den Startern ist jedoch noch ein anderes Problem verbunden. Um die Lampe zum leuchtem zu bringen müssen hochfrequente Wechselspannungen erzeugt werden, die natürlich auch zu entsprechenden E-Feldern führen. Es wird daher von einigen Baubiologen dazu geraten immer 1-1,5m Abstand zu den Lampen zu halten. Bei Deckenleuchten mit Sicherheit kein Problem, aber wie siehts auf dem Nachttischchen aus?

Ebenfalls aus der Ecke der Biologen wird die Lichtfarbe der Röhren kritisiert (gilt überwiegend auch für LEDs). Eine Glühlampe bildet nahezu das gesamte sichtbare Spektrum ab und hat dementsprechend einen sehr hohen Cri-Wert (Farbwiedergabeindex). Das ist nicht nur interessant für Grafiker, der Mensch im Allgemeinen soll recht empfindlich auf fehlende oder unterrepräsentierte Spektralbereiche reagieren. Abgerundet wird das ganze noch von der Kopfschmerz erzeugenden Flimmerei, die den Röhren nachgesagt wird. Mir persönlich fällt das nicht auf, es gibt jedoch viele Menschen, die da etwas empfindlicher reagieren.

Noname Produkte sind auch oft mit Werten bezüglich Farbtemperatur (K) und Lichtstrom (Lm) bedruckt, die einfach nur als Fantasiewerte bezeichnet werden müssen. Bei welchen Podukten man da beherzt zugreifen kann, lässt sich als „normaler“ Kunde nicht mehr vernünftig feststellen. Es empfiehlt sich vor dem Einkauf mal einen Blick in die entsprechenden Testberichte zu werfen. Das Vertrauen in größere deutsche bayrische Leuchtmittelhersteller muss da nicht zwangsläufig gerechtfertigt sein. Über die Regelelektronik will man da garnicht reden, die sieht bei manchen billigen Modellen so aus, als hätte man die SMD-Bauteile mit dem Dachrinnenlötkolben verlötet.

Zum Abschluss meines kleinen Rants gegen die SpaLa noch die Frage ob die Gesamtenergiebilanz wirklich besser ist als der von Glühobst, leider konnte ich dazu keine einheitliche Anwort finden. Aber wenn es strittig ist, wirds wohl nicht eindeutig sein und das spricht dann nicht FÜR die Sparlampe ;).

Update: Angeblich verbrät die Herstellung von SpaLas 10 mal so viel Energie wie die einer Glühlampe. Leider fehlen mir immer noch Angaben über die Gesamtenergiebilanz.

Diese Frage muss sich auch eine mögliche Alternative sowohl zur Glüh- als auch zur Sparlampe stellen. LEDs mögen auf den ersten Blick sehr sympathische kleine Zeitgenossen sein, Halbleiterherstellung ist aber kein günstiges oder gar energiearmes Verfahren. Leider ist die Ledtechnik auch noch ein recht neues Spielfeld, so das es nur wenig Material zu eventuellen Problemen oder Scheineffizienzen gibt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sie im Vergleich zu den problembehafteten Leuchtstoffröhren die günstigere Alternative sind. Im Moment befinden sich LEDs gerade an einer Schwelle, wo ihr Einsatz auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint und so wird sich auch das Interesse an den Schattenseiten diese Technik weiter erhöhen.

mfg

RBT

p.s.: Die geplante Umsetzung via Verkaufsverbot wäre nochmal einen eigenen Artikel wert, aber nicht in diesem Blog …


6 Antworten to “Glühbirnenverbot ab 2009”


  1. 1 Peter N.
    Dezember 10, 2008 um 2:57 pm

    Ein sehr interessanter Artikel, nur wegen dem „Rebound-Effekt“ habe ich etwas einzuwenden. Mittlerweile ist das Energiespardenken ja schon ziemlich verankert und die Lampen werden ausgeschaltet, wenn man das Licht nicht benötigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich diese Gewohnheit wieder ändert, wenn die Lampen weniger Strom verbrauchen. In anderen Gebieten mag das zutreffen, aber hier meiner Meinung nach eher nicht.

  2. 2 rbt
    Dezember 10, 2008 um 3:14 pm

    mhh aus unserer deutschen Perspektive mag das stimmen, einige andere nordeuropäische Länder sind da ebenfalls recht weit, aber im Rest der EU ist ein ökologisches Bewusstsein noch nicht so wahnsinnig ausgeprägt.
    einen gewissen Einspareffekt wird die Verordnung mit Sicherheit bringen, es ist halt fraglich ob er sich in der prophezeiten Größenordnung bewegen wird.

  3. 3 Bea
    Dezember 10, 2008 um 6:14 pm

    Warten wir einfach mal die Zeit ab, es wurde schon so viel geplant und geredet!

    Gruß Bea

  4. 4 miltischnorrer
    Dezember 11, 2008 um 1:36 pm

    Na ja, ich finde energiesparlampen nicht so wahnsinnig toll.
    Wir ham unten im Flur eine und deren licht finde ich doch recht dunkel ,deswegen vergesse ich wahrscheinlich öfters auch diese auszumachen wenn ich zum duschen gehe . erst hinterher fällt mir auf , das ich sie angelassen habe.

    Außerdem haben wir im keller einen Holzofen stehen , und wenn man da holz nachlegen geht ist man dort hööchstens 2 minuten unten , bis die energiesparlame da mal hell wird ist man schon wieder weg.

    Ich will meine guten alten glühäpfel wieder.

    Außerdem ist die Glühbirne ja gahrnicht so uneffizient , den mit der abwärme die diese ja produzieren ,wird ja die raumluft erwärmt , was in einem haus ja gar nicht so schlecht ist , besonders zu dieser jahreszeit.

    • 5 rbt
      Dezember 11, 2008 um 5:17 pm

      das mit der Raumheitung ist nen guter Punkt, so betrachtet hätten wir praktisch eine effizienz von 100%. Es kommt ja noch hinzu, dass die Jahreszeit mit wenig natürlichem Licht auch gleichzeitig die kälteste ist.
      Es wird aber wohl niemand seine heizung runterdrehen, nur weil man grad 1-2 100W Strahler angeschaltet hat. Nicht vergessen sollte man auch die Verluste die bei der Stromerzeugung und Transport auftreten, In Turbinen und Umspannwerken gehen auch noch mal ein paar Prozentpunkte an der Gesamteffizienz verloren. Es wird wohl günstiger sein seine Wärme direkt vor Ort mit den recht sauberen Gasheizungen zu erzeugen als um 20Ecken mit dem Großkraftwerk + Glühbirne.

      die nachteile auf technischer ebene von ESLs werd ich wohl auch nochmal detaillierter unter die Lupe nehmen müssen, grad im Vergleich mit Leds

      und vieleicht doch was zur Beurteilung des „Wie“:
      Ein Verkaufsverbot halte ich für wenig gelungen. Klar, so wird man die Stromfresserchen auch los, keine Frage und ihr Abschaffung befürworte ich auch. Mit den rebound-effekten im Hinterkopf sollte man sich jedoch die Frage stellen, ob ein simples Verbot wirklich hilft. Solchen Effekten kann man eigentlich nur durch Erhöhung der Energiepreise entgegenwirken. Bevor sich an dieser Stelle vieleicht die Energieversorger die Hände reiben … nein so war das nicht gedacht. Das sollte schon in der Form irgendeiner Steuer geschen, den EVU´s gehts echt schon gut genug und die haben kein Interesse an nachhaltiger Energieerzeugung ( da wahrscheinlich dezentral).
      Wie man dann mit dem eingenommenen Geld verfährt ist noch eine andere Kiste. Möglichkeit 1: Analog zum EEG mit der Kohle die Erneuerbaren fördern. würd mir ganz gut gefallen, ist aber nicht jedermanns Sache. Andere Empfänger könnten Forschungsprojekte zur Halbleitertechnologie sein (vieleicht schaffts Osram dann auch wieder mit den Asiaten zu konkurrieren)
      Möglichkeit 2. Man nutzt es an andere Stelle für ordnungspolitische Maßnahmen in dem man positive Anreize setzt, auf Deutsch: der Bürger bekommts an durch Steuererleichterungen oder Zuschüsse wieder und zwar relativ direkt.


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